„Guten Morgen! Ich hätte gern einen Apfel“
„Gern. Das macht 1 Euro“
„Wie bitte? Ein Euro ? Gestern kostete der Apfel doch noch 50 Cent“
„Ja, das stimmt, aber gestern kam ein Kunde und hat mir zehn Äpfel abgekauft und weil ich nur noch 5 Äpfel habe, kostet der Apfel jetzt einen Euro“
„Das verstehe ich nicht. Weil sie weniger Äpfel haben, ist jetzt der Preis höher?“
„Ja genau“
„Dann vergessen sie das mit dem Apfel. Ich gehe da drüben zu dem Stand und kaufe dort meine Äpfel“
„Das steht ihnen natürlich frei, aber ich kann ihnen sagen, dass der Kollege dort drüben auch einen Euro für seine Äpfel nimmt“
„Woher wissen sie denn das?“
„Ich habe ihn heute Morgen gefragt, was er denn für einen Apfel haben will und wie viele Äpfel er hat. Und da hat er mir gesagt, er hätte auch nur noch ganz wenige Äpfel und er würde jetzt einen Euro nehmen“
„Aber warum kostet der Apfel jetzt mehr, nur weil jemand gestern so viele Äpfel gekauft hat. Das verstehe ich nicht“
„Das ist doch ganz einfach. Wenn weniger Äpfel da sind, und genau so viele Leute einen Apfel kaufen wollen oder sogar vielleicht mehr Leute, dann wollen sie den Apfel so dringend, dass ich auch einen Euro pro Apfel verlangen kann. Und selbst, wenn 10 Leute an meinem Stand vorbei gehen und keinen Apfel kaufen, dann gibt es doch einen oder zwei, die so einen Hunger auf einen Apfel haben, dass sie ihn für einen Euro kaufen. Und weil ich ganz wenige Äpfel habe, werde ich sie dann trotzdem los“
„Aber…Aber… das ist doch eine Frechheit! Sie nutzen es schamlos aus, dass es wenige Äpfel gibt und sie erhöhen einfach den Preis um mehr zu verdienen“
„Das können sie so auch nicht sagen“
„Doch, das kann ich. Der Apfel war gestern der gleiche wie heute. Er kostete für sie im Einkauf nicht mehr als gestern und trotzdem erhöhen sie einfach ihren Gewinn“
„Das stimmt ja so auch nicht. Ich habe die Verantwortung gegenüber allen Menschen, dass sie mit Äpfeln versorgt werden und wenn es weniger Äpfel gibt, dann muss ich die Äpfel auch vorsichtig verkaufen, damit nicht irgendwann gar keine Äpfel mehr da sind. Wenn ich alle Äpfel zu einem Schleuderpreis von 50 Cent verkaufen würde, dann hätten wir im Nu einen Apfelnotstand. Und außerdem kann es ja auch sein, dass der Bauer, der die Äpfel anbaut und von dem ich sie kaufe, aufgrund der wenigen Äpfel auf dem Markt, auch seine Preise erhöht. Da muss ich mehr verdienen, damit ich dann die zukünftigen hohen Preise bezahlen kann“
„Das kann doch nicht sein. Der Bauer hat doch immer die gleiche Menge Äpfel in seinem Garten und der Preis steigt doch auch nicht“
„Und wenn es mal ein Unwetter gibt? Oder wenn der Baum nicht mehr so viele Früchte trägt, was ist dann? Das muss man alles mit einkalkulieren. Schließlich kann es ja sein, dass der Bauer auch mal in den Urlaub fährt und dann werden gar keine Äpfel geerntet. Dann werden es noch weniger Äpfel auf dem Markt. Und dann muss ich für einen Apfel vielleicht sogar 2 Euro nehmen“
„Ich soll also glücklich und zufrieden sein, weil ich nur einen Euro bezahlen darf, statt zwei?“
„Wenn sie es so wollen: ja!“
„Mir ist das nach wie vor suspekt. Auch dass sie mit dem Kollegen am Nachbarstand gesprochen haben und jetzt den gleichen Preis verlangen. Wo bleibt denn da der faire Wettbewerb“
„Es steht ihnen doch frei an den anderen Stand zu gehen und dort ihren Apfel zu kaufen. Ich zwinge sie doch nicht dazu einen Apfel zu kaufen oder zu essen“
„Aber ich mag so gern Äpfel“
„Tja, dann sollten sie sich etwas Gutes tun und einen Apfel kaufen. Das wäre eine gute Investition und vielleicht ist der Apfel morgen ja auch teurer“
„Also schön, dann geben sie mir einen Apfel“
„Gern. Macht dann wie gesagt einen Euro“
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