Dienstag, 11. September 2012

Vor 21 Jahren

Es gibt Dinge und Ereignisse, die tauchen kurz auf, um dann wieder in der Vergessenheit zu verschwinden. Kann sich jemand daran erinnern:

Am 18.September 1991 erhielt der Leiter des renommierten holländischen Meeresforschungsinstitutes „Konnex Enterprises“ Dr.Piet van Rotten ein Fax von seinem Kollegen Dr. Herman Duisen.
Dr. Duisen arbeitete zu diesem Zeitpunkt auf einer Forschungsplattform des Institutes im Meer, nahe der Küste von Angola. Der nächstgelegene Ort ist Benguela. Von dort aus ist es zum Flughafen von Catumbela nur etwa eine Autostunde.

Das Fax, welches nur noch in einer Fotokopie vorliegt, hatte folgenden kurzen Inhalt:


Hallo Piet,

vielen Dank für deine Pakete. Sie sind alle gut angekommen und auch beim Angolanischen Zoll haben wir mithilfe der „Unterstützung“ für die Regierung keine Probleme gehabt. Auch die Anlieferung hat wunderbar funktioniert.
Nachdem wir alle Messegräte installiert hatten, haben wir die erste Fahrt mit dem „Herox“ gemacht und wir haben in einer Tiefe von etwa 150 Metern die Alge gefunden, die uns Dr.Mwanga beschrieben hatte. Er ist eine große Hilfe.

Erste Proben der Alge, die auf dem Gestein dort fest verwurzelt war hat erstaunliche Ergebnisse gebracht:  sie ist tatsächlich in der Lage synthetische Polymerverbindungen auf organischer Ebene zu erzeugen. Wir haben das im Labor noch einmal gegen geprüft und auch dort war das Ergebnis positiv; selbst die Monomerstruktur ist stabil.

Jetzt benötigen wir noch eine Analyseeinheit um die Reinheit zu prüfen und um die Ausstoßmengen zu wiegen. Bitte sei so nett und schicke uns die Sachen schnellstmöglich. Ich denke, es ist auch erforderlich, dass wir mit unseren Freunden von der Regierung noch einmal zusammenkommen und ein Übereinkommen erzielen.

Gruß
Herman


Am 24. September 1991 verließ eine Frachtmaschine des Typs Fokker 402 Transmission den Flugplatz von Catumbela mit etwas über einer Tonne Frachtgut in Richtung Kinshasa um dort aufzutanken und dann weiter über Khartoum nach Ägypten zu fliegen. Von dort aus sollte die Fracht per Schiff über das Mittelmeer nach Europa transportiert werden.
An Bord befand sich eine Probe, die Dr.Duisen in einem Spezialbehälter verschlossen hatte. Über den Inhalt gibt es inzwischen unterschiedliche Aussagen. Sicher ist nur, dass sich in dem Probenbehälter mindestens ein Faden der gefundenen Algenart befand.

Am 27. September meldete sich der Pilot über dem Sudan. Er rief in sein Mikrofon, dass er beschossen würde und dass er nicht wusste, ob er getroffen sei. Dann riss die Funkverbindung mit dem Tower in Khartoum ab. Da in der Gegend die Sudanesische Miliz von der Sudanesischen Befreiungsfront PKP immer noch in Gefechte verwickelt wurde, war dies keine unwahrscheinliche Lage.
Die Besitzer des Flugzeuges und die Frachtgesellschaft hatten große Mühe die sudanesischen Behörden davon zu überzeugen, dass ein Rettungsteam ausgesandt werden musste. Dies lehnte die Regierung aufgrund der Sicherheitslage in dem Gebiet zunächst ab.
Später ließen sie dann eine kenianische Suchmannschaft ins Land, die darauf spezialisiert war, abgestürzte Flugzeuge zu finden.
Eine Woche später fand man dann das Wrack, das offensichtlich zerschellt war am Hang eines Berges im Süden des Sudan etwa 250 Km von Khartoum entfernt. Die Ladung war bis auf wenige Stücke verbrannt oder gestohlen. Der Pilot wurde nicht gefunden. Ebenfalls konnte das Suchteam keinen Beschuss an der Maschine feststellen.

Am 7.Oktober informierte Dr.Duisen seinen Vorgesetzten von dem Verlust der Sendung.
Er schrieb in seinem Fax, von dem es lediglich eine mündliche Inhaltsangabe aber keine Kopie gibt, dass Dr.Mwanga in der letzten Nacht verschwunden sei und das die Soldaten, die die Plattform bewachten, kein Boot gehört hatten, das abgelegt hatte.

Eine Woche später am 12. Oktober 1991beschloss Dr.Duisen selbst mit einer Probe nach Holland zu fliegen.
Obwohl ein starkes Unwetter eingesetzt hatte startete er am 12 Oktober auf dem gleichen Flughafen mit einer Halifax Taifun, einem Langstreckenflugzeug für 10 Passagier und Fracht in Richtung Tripolis.
Von Tripolis wollte Dr. Duisen dann am nächsten Tag mit einem Direktflug nach Rotterdam weiter.

Das Unwetter setzte dem kleinen Flugzeug sehr zu und die Aussagen des Fluglotsen sind widersprüchlich, lassen sich aber aufgrund der schlechten Empfangslage erklären. Gegen 18 Uhr unterbrach die Verbindung zu der Maschine. Auf keiner Frequenz und auch nicht auf dem Radar einer anderen Station tauchte das Flugzeug auf.
Es gilt bis heute als verschollen.



Freitag, 7. September 2012

Die Frage

„Waren sie mit ihrem Einkauf zufrieden?“ fragt mich die Dame an der Kasse in vom Polnischen leicht gebrochenem Deutsch. Dabei sieht sie mich nicht an, sondern beguckt sich meine Einkäufe: ein Glas Bratenfond, eine Tube Tomatenmark (und zwar das mit Würzgemüse), eine Packung Kaugummi, eine Flasche Babysaft mit Eisen zur Blutbildung und zwei Brötchen in einer Plastiktüte.
Ich blicke sie irritiert an. Was meint sie wohl? Was möchte sie von mir wissen? Natürlich bin ich nicht zufrieden, ich hätte lieber alles umsonst gehabt, also ohne zu bezahlen raus und dann juhu!
Aber das meinte sie wohl nicht.
Vielleicht möchte sie wissen, ob es mir hier gefallen hat. Ich sehe instinktiv zur Decke, schaue mir die Rohre unter der Betondecke an und denke, dass sie sie wenigstens nett anstreichen könnten. Aber ist es das, was sie wissen will?
Ich beschließe in die Offensive zu gehen „Was meinen sie?“
Jetzt ist es an ihr irritiert auszusehen. Sie sieht mich erstaunt an. Das hat wohl noch niemand gefragt.
Das Erstaunen hält an!
„Ähm, ob ihnen ihr Einkauf gefallen hat?“ wiederholt sie und sieht mich an.
Ich überlege kurz ob ich meine Gedanken zu den Rohren oder dem kostenlosen Einkauf aussprechen soll, dann hat sie sich etwas gefangen und fügt hinzu. „Haben sie alles gefunden?“
„Ich habe gar nichts gesucht“ antworte ich spontan nun ebenfalls perplex. Schließlich bin ich morgens gar nicht in der Lage einen klaren Gedanken darüber zu fassen, was ich im Supermarkt kaufen möchte. Ich lasse mich, wie man so schön sagt: treiben. Ich sehe mir in den Regalen all die schönen bunten Kartons an und wenn ich etwas interessant finde, dann kaufe ich es. Das ist ein bisschen wie Shopping für Frauen….denke ich…? Auf jeden Fall habe ich morgens keinen Plan, was ich möchte. Außer den Brötchen natürlich. Naja, ob es Brötchen sind, weiß ich nicht so genau, aber sie sehen aus, wie solche und sie sind unschlagbar billig. Nur das Herausholen der Dinger aus dem Regal mit dieser Zange mit den glatten Kanten ist wirklich blöd. Schon so manches Mal habe ich eine zirkusreife Jongliernummer hingelegt, nachdem mir das Brötchen aus der Zange geflutscht und in Richtung Fußboden unterwegs war.
„Ich würde es gut finden, wenn ihre Brötchenzangen etwas griffiger wären, dann rutscht mir das Brötchen nicht mehr ab“ antworte ich nach diesem Gedankengang und sehe sie stolz an. Ich lächle.
„Ja, das wäre eine gute Idee“ sagt eine Stimme hinter mir, und als ich mich umdrehe stelle ich fest, dass sich eine junge Frau eingemischt hat, die ebenfalls diese Brötchendinger gekauft hat.
Aha ! Ich bin also nicht der einzige der Probleme damit hat.
Ich lächle sie dankbar an und sie lächelt dankbar zurück.
Wir sehen beide die Kassiererin an und es hat es triumphales, wie wir da so stehen und sie anblicken. Endlich habe ich verstanden, was sie meint und endlich habe ich eine gute Antwort gefunden. Und es gibt sogar Zustimmung aus dem Kundenkreis.
Die Kassiererin ist jetzt völlig durch den Wind. Sie sieht von einem zum anderen und weiß nicht mehr, was sie sagen soll.
Also greift sie in das Standardrepertoire jeder Kassiererin und sagt das Wort, wohlgemerkt, dieses eine Wort, dass man von jeder Kassiererin, von Aachen bis Zabern zu hören bekommt, wenn man seine Einkäufe bezahlt hat.
Dieses eine Wort ist: schönentagnoch!
Bei den meisten Kassiererinnen folgt dann, nach einer ganz genau kalkulierten Sekunde, noch ein „Danke“.
Und das auch, wenn man gar nicht „gleichfalls“ oder „ebenso“ geantwortet hat.
Aber „schönentagnoch“ ist mein Favorit unter all den Worten, die man in einem Supermarkt zu hören bekommt.
Es rangiert noch vor „undsonstnoch“ an der Fleischtheke oder Fischtheke oder an den anderen Theken dieser Welt.
Ich packe meine Sachen ein, lächle sie an und ebenfalls die junge Frau hinter mir und dann verschwinde ich ganz schnell aus dem Laden.
Und zwar bevor sie merkt, dass sie in ihrer Verwirrung vergessen hat, mir Geld abzuverlangen für meinen Einkauf.
Das mache ich morgen wieder.
Bis sie mal die Zangen etwas griffiger machen…

Sprit

„Guten Morgen! Ich hätte gern einen Apfel“
„Gern. Das macht 1 Euro“
„Wie bitte? Ein Euro ? Gestern kostete der Apfel doch noch 50 Cent“
„Ja, das stimmt, aber gestern kam ein Kunde und hat mir zehn Äpfel abgekauft und weil ich nur noch 5 Äpfel habe, kostet der Apfel jetzt einen Euro“
„Das verstehe ich nicht. Weil sie weniger Äpfel haben, ist jetzt der Preis höher?“
„Ja genau“
„Dann vergessen sie das mit dem Apfel. Ich gehe da drüben zu dem Stand und kaufe dort meine Äpfel“
„Das steht ihnen natürlich frei, aber ich kann ihnen sagen, dass der Kollege dort drüben auch einen Euro für seine Äpfel nimmt“
„Woher wissen sie denn das?“
„Ich habe ihn heute Morgen gefragt, was er denn für einen Apfel haben will und wie viele Äpfel er hat. Und da hat er mir gesagt, er hätte auch nur noch ganz wenige Äpfel und er würde jetzt einen Euro nehmen“
„Aber warum kostet der Apfel jetzt mehr, nur weil jemand gestern so viele Äpfel gekauft hat. Das verstehe ich nicht“
„Das ist doch ganz einfach. Wenn weniger Äpfel da sind, und genau so viele Leute einen Apfel kaufen wollen oder sogar vielleicht mehr Leute, dann wollen sie den Apfel so dringend, dass ich auch einen Euro pro Apfel verlangen kann. Und selbst, wenn 10 Leute an meinem Stand vorbei gehen und keinen Apfel kaufen, dann gibt es doch einen oder zwei, die so einen Hunger auf einen Apfel haben, dass sie ihn für einen Euro kaufen. Und weil ich ganz wenige Äpfel habe, werde ich sie dann trotzdem los“
„Aber…Aber… das ist doch eine Frechheit! Sie nutzen es schamlos aus, dass es wenige Äpfel gibt und sie erhöhen einfach den Preis um mehr zu verdienen“
„Das können sie so auch nicht sagen“
„Doch, das kann ich. Der Apfel war gestern der gleiche wie heute. Er kostete für sie im Einkauf nicht mehr als gestern und trotzdem erhöhen sie einfach ihren Gewinn“
„Das stimmt ja so auch nicht. Ich habe die Verantwortung gegenüber allen Menschen, dass sie mit Äpfeln versorgt werden und wenn es weniger Äpfel gibt, dann muss ich die Äpfel auch vorsichtig verkaufen, damit nicht irgendwann gar keine Äpfel mehr da sind. Wenn ich alle Äpfel zu einem Schleuderpreis von 50 Cent verkaufen würde, dann hätten wir im Nu einen Apfelnotstand. Und außerdem kann es ja auch sein, dass der Bauer, der die Äpfel anbaut und von dem ich sie kaufe, aufgrund der wenigen Äpfel auf dem Markt, auch seine Preise erhöht. Da muss ich mehr verdienen, damit ich dann die zukünftigen hohen Preise bezahlen kann“
„Das kann doch nicht sein. Der Bauer hat doch immer die gleiche Menge Äpfel in seinem Garten und der Preis steigt doch auch nicht“
„Und wenn es mal ein Unwetter gibt? Oder wenn der Baum nicht mehr so viele Früchte trägt, was ist dann? Das muss man alles mit einkalkulieren. Schließlich kann es ja sein, dass der Bauer auch mal in den Urlaub fährt und dann werden gar keine Äpfel geerntet. Dann werden es noch weniger Äpfel auf dem Markt. Und dann muss ich für einen Apfel vielleicht sogar 2 Euro nehmen“
„Ich soll also glücklich und zufrieden sein, weil ich nur einen Euro bezahlen darf, statt zwei?“
„Wenn sie es so wollen: ja!“
„Mir ist das nach wie vor suspekt. Auch dass sie mit dem Kollegen am Nachbarstand gesprochen haben und jetzt den gleichen Preis verlangen. Wo bleibt denn da der faire Wettbewerb“
„Es steht ihnen doch frei an den anderen Stand zu gehen und dort ihren Apfel zu kaufen. Ich zwinge sie doch nicht dazu einen Apfel zu kaufen oder zu essen“
„Aber ich mag so gern Äpfel“
„Tja, dann sollten sie sich etwas Gutes tun und einen Apfel kaufen. Das wäre eine gute Investition und vielleicht ist der Apfel morgen ja auch teurer“
„Also schön, dann geben sie mir einen Apfel“
„Gern. Macht dann wie gesagt einen Euro“

Diktatorenkinder

Da steht er.
Irgendwie verloren da oben.

Er ist klein.
Und er ist schwarz.
Er merkt, dass er andres ist.
Aber es scheint ihm nichts auszumachen.

Der Regen weht ihm ins Gesicht und der Sand stiebt von unten hoch.

Er hält sich am Geländer fest und schaut tapfer und fest von dort oben herab.

Dann fällt ihm ein, warum er eigentlich hier ist.
Er reckt seine rechte Faust im rechten Winkel in den Himmel, streckt sich und während die Faust vor Anspannung zittert sieht man seine Lippen die richtigen Worte formen.
„Alle Menschen sind Brüder.  Weg mit den Unterdrücken. Nur das Poletat hat die Macht.“
Er hält inne.
Er ist sehr klein.
Und er ist schwarz.

„Alle Menschen sind Brüder und Schwestern“ schreit er und seine Augen blitzen triumphierend in den regnerischen, nass-kalten Himmel. Der Sand wird hoch geweht und die Bäume rauschen.

So ähnlich muss sich Erich Honecker gefühlt haben, als er oben auf der Tribüne gestanden und sein unterdrücktes Volk mit sozialistischen Parolen auf eine entbehrungsreiche Zeit vorbereiten wollte oder als ihm klar wurde, dass ihn nicht einmal mehr seine gen Himmel gereckte Faust vor dem Untergang bewahren konnte.

Er steht immer noch dort oben und er fühlt sich wohl langsam auch ein bisschen seltsam.
Was wohl sein Volk antworten wird?

Aber das Volk ist nicht da.
Es läuft, ohne ihn zu beachten auf der Wiese oder zwischen den Bäumen umher und schaukelt oder klettert oder ganz dreiste werfen sogar Sand nach ihm.

Ein letztes Mal noch hebt der kleine Kerl seine Faust und ruft „Solatat für alle“. Dann endlich schubst ihn sein Bruder so lange, bis sie beide gemeinsam quietschend die glatte Rutsche herunter kugeln und unten angekommen das tun, was Kinder in dem Alter tun sollten, statt pseudo-sozialistische Parolen zu skandieren: Lachen !

Wer wohl ihr Vater ist?

Was man will

Wenn man etwas will, dann ist es höchste Zeit sich auch darum zu kümmern wie man erlangt, wonach es einen verlangt !

Starttag

Einer der wenigen Tage, an denen man sich nicht den ständig langweilen muss, ist jener, an dem man sich fragt, wie die Welt funktioniert; wie sie tickt; welchen Gesetzen sie folgt und warum.
Weit weg von dem Gedanken an eine Welt, die universellen Gesetzen folgt oder gar dem Willen der Menschen; ist die Frage nach dem Warum eine Frage, die den Tag interessant macht.